Halbfinalfrustbewältigung unter ultraklarem Taunushimmel
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Laufenselden Taunus, 07.-08.07.10
Geräte: 4"-Bino (Ego), 12"-Dobson (Benny), 12"-Dobson (Horia), 8" Cassegrain (Tina)
Zeit: 23:00-02:30
Der Abend sollte nicht besonders günstig anfangen, 0:1 gegen Spanien bei der WM 2010, Deutschland ist raus, leider zu recht, einfach
schlecht gespielt. Na ja, immerhin sollte sich die Wetterprognose für diesen Abend bewahrheiten, sehr klarer und trockener Himmel
über dem Taunus, der somit zu einer hochsommerlichen, spätnächtlichen Beobachtungsnacht einlud. Ein wenig Ausgleich für ein
frustrierendes Fußballspiel. Benny hatte am frühen Nachmittag einen Beobachtungsaufruf gestartet, dem neben mir auch noch Horia und
Tina gefolgt sind. Ein weiterer Beobachter aus Wiesbaden gesellte sich später auch noch dazu. Horia war mit seinem 12"
Selbstbaudobson am Start, Benny hatte nach langer Bauphase endlich seinen Martini-Bausatz einsatzbereit, Tina war mit ihrem 8" Vixen
Cassegrain dabei und ich wollte endlich einmal ein paar Okulare, die nun auch doppelt vorliegen, an meinen 4" APM Bino ausprobieren.
Die Wetterbedingungen am Beobachtungsplatz waren sehr gut, extrem gute Transparenz und anfangs auch sehr gutes Seeing. Ein paar
Cirrus Wolken störten zu Beginn, die aber mit einsetzender Dunkelheit langsam wichen.
So begann ich dann zunächst mit einem Test meines APM Binos, bestückt mit 2 4,8mm Nagler Okularen (V=104x), am Stern -Lyr, welcher
ohne Probleme in seine 4 Einzelkomponenten aufgelöst werden konnte. Es zeigte sich allerdings auch, dass bei dieser Vergrößerung der
Einblick schon leicht "nervös" wird, vermutlich die Folge einer nicht 100% perfekten Kollimation der beiden Optiken (aus diesem Grund
lassen sich kommerzielle Doppelrefraktoren, wie z.B. die von Binoptic mit Justierschrauben an den Umlenkspiegeln bei hohen
Vergrößerungen optimal einstellen). Bei Verwendung von 2x7mm Nagler Okularen (V=72x) ist der Einblick aber immer noch ruhig.
Hier zeigte sich am Beispiel von M11 (Wildentenhaufen), was die binokulare Beobachtung zu leisten vermag: mit beiden Augen ist
der Haufen sofort offensichtlich in viele Einzelsterne aufgelöst, während bei monokularer Beobachtung nur indirektes Sehen ein
paar Einzelsterne hervorbringt. Die gleiche Kombination zeigte auch den Kugelsternhaufen M13 mit vielen Einzelsternen, ein sehr
schöner Anblick!
Am 12er von Benny im neuen "Kleid" wurde auf Anraten von Jan die Blinking Galaxy eingestellt, welche aber an der betreffenden
Position nicht ausgemacht werden konnte. Da die Dunkelheit nun schon sehr weit fortgeschritten war, wurden die Klassiker im
Sternbild Schwan anvisiert, zunächst der Supernova-Überrest Cirrus-Nebel. Im 4" Bino ohne Filter und mit 2x30mm Ultima Okularen
fast komplett im Feld, inklusive des Triangular Wisp. In der "Knochenhand" sehr zarte Strukturen zu sehen, fast schöner, als mit
OIII-Filter. Mit letzterem aber die Nebelbereiche deutlich stärker hervorgehoben aber mit weniger Hintergrundsternen. In Benny´s
12er mit OIII-Filter sehr deutlich mit vielen Details im "Sturmvogel" (dreigeteilte Schwinge) und in der "Knochenhand".
Dann gleich zum Nordamerika-Nebel rübergeschwenkt, komplett im Feld mit 2x30mm Ultima (17x, 3,2°). Schön strukturiert, kaum ein
Unterschied zwischen OIII- und UHC-Filter (jeweils Astronomik) auszumachen.
Im Osten war mittlerweile der Doppelsternhaufen h&chi im Perseus schon recht hoch aufgestiegen, ein immer wieder dankbares
Fernglasobjekt. Ein kurzer Schwenk bringt die Andromedagalaxie ins Gesichtsfeld, eine Nachbargalaxie unserer Michstraße in nur
2,5 Mio. Lichtjahren Entfernung. Leider an diesem Abend nicht mit vielen Details, da der Mond im Osten schon über den Horizont
gestiegen war, immerhin die beiden kleinen Begleitgalaxien des Andromedanebels konnten einwandfrei identifiziert werden. Die noch
tiefer stehende Dreiecks-Galaxie war daher auch nur ein strukturloser Nebelfleck.
Aus diesem Grund wurden wieder südliche Gefielde im Sternbild Sagittarius abgefahren. M17 der Schwanennebel andeutungsweise als
"Omega"-Nebel sichtbar (V=26x, 2,6°, UHC), im südlichen Teil der helle, schwanenförmige Bereich, umgeben von einer weit
ausgedehnten Nebelwolke. Nördlich davon M16, der Adlernebel, eingebettet in einen Sternhaufen, ebenfalls sehr schön anzuschauen.
Dann neben mir ein Aufschrei von Horia, der in seinem 12er Dobson und UHC-Filter den Lagunennebel eingestellt hatte, formatfüllend
mit sehr vielen Details. Dadurch motiviert musste ich natürlich M8 in meinem Bino mit UHC ebenfalls einstellen, auch sehr schön
mit nicht weniger Detail bei 70x, bei 26x auch M20 (Trifidnebel) noch mit im Feld, der sich als luftiges Wölkchen zeigt aber ohne
die charakteristischen Dunkelschläuche, die den Nebel in drei Teile aufteilen.
Danach wies Benny auf die Dunkelwolke Barnard 142/143 neben Gamma Aquila hin, die mit meinem 7x42 Leica Glas sehr schön ins Auge
stach. Ebenfalls sehr schön bei mehr Vergrößerung im 4"-Bino. Eine Nacht später wies Jan auf die Form des Dunkelwolkenkomplexes
hin, der wie ein großes "E" ausschaut!
Da von Nordosten her langsam Wolken aufzogen wurde noch Jupiter mit dem 4"-Bino aufs Korn genommen. Bei 100x zeigt sich hier doch
schon deutlich Farbe am Planeten. Außer dem nördlichen Hauptwolkenband und den Monden waren keine weiteren Details auszumachen.
Die Planetenscheibe war zu hell und hätte mit Grau- oder Farbfiltern abgeblendet werden müssen. Ein Planetengerät wird das Bino
wohl nicht werden.
Zum Abschluss habe ich spaßeshalber nochmal auf Epsilon Bootes gehalten, der bei 100 x tatsächlich getrennt werden konnte, in
Momenten ruhiger Luft. Gegen halb 3 Uhr Nachts ging es dann auf den Heimweg, wohlwissend, dass die Nacht kurz werden würde und
die nächste Nacht schon ruft!
Clear Skies
Thomas
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