Ronchi-Test
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Der Ronchi-Test ist ein vom Amateur relativ einfach durchzuführender Test und Ronchi-Okulare sind im
Handel relativ einfach zu bekommen. Doch Beschreibungen über die genaue Funktionsweise des Tests,
seine Interpretation und seine Genauigkeit sind oftmals schwer oder für den einfachen Amateur
unverständlich, zu erhalten. Der folgende Artikel soll daher etwas mehr Licht ins Dunkel bringen, in
dem Sinne, dass der Ronchi-Test auch für Einsteiger in die Thematik verständlich wird.
Was heißt eigentlich Ronchi?
Ronchi ist nicht mehr und nicht weniger einfach nur der Name des italienischen Optikers, welcher diesen
Test vorgeschlagen und erstmals durchgeführt hat. Ihm zu Ehren wurde der Test nach seinem Namen benannt.
Was ist ein Ronchi-Gitter?
Um den Ronchi-Test durchführen zu können, braucht es ein Ronchi-Gitter (in der Regel in ein 1,25"-Hülse
eingebaut, so dass es direkt an einem Teleskop verwendet werden kann und dann auch Ronchi-Okular genannt,
obwohl ansonsten keine Linsen oder andere optische Elemente in einemRonchi-Okular eingebaut sind).
Ein Ronchi-Gitter besteht in der Regel aus einer Glasplatte, auf der in regelmäßigen Abständen linienförmige
Metallstreifen als dünne schicht aufgebracht sind. Die Lücken zwischen den Metallstreifen sind im Normalfall
genauso breit, wie die Streifen selbst. Als "Linie" wird der Metallstreifen zusammen mit einer benachbarten
"Lücke" betrachtet, die Anzahl N der Linien auf einer Glasscheibe mit Durchmesser D ist also für eine
Streifenbreite b gegeben durch: N=D/2b. Typischerweise werden Gitter mit 10 bis 15 Linien/mm verwendet.
Für einen aussagekräftigen Test sollten die Linien scharfkantig und von hoher Gleichförmigkeit sein.
In der Regel werden daher gute Ronchi-Gitter lithografisch hergestellt, mit anschliessender Metallisierung.
Von einfach produzierten Gittern, wie z.B. mittels Drucker aufgedruckten Linien auf Folien ist daher
abzuraten.
Ein solches Ronchi-Gitter stellt in der Tat ein optisches Gitter dar, an dem auch Beugung stattfindet,
wenn Licht hindurchgeschickt wird. In der Abbildung links unten sind die unterschiedlichen Beugungsordnungen
des Lichtes einer Energiesparlampe deutlich zu erkennen. Das Licht, welches gerade durch das Gitter
hindurchläuft, wird nullte Beugungsordnung genannt, dort tritt keine spektrale Aufspaltung der einzelnen
Farben im Weißlicht auf. Die anderen Beugungsordnungen werden gegenüber der Optischen Achse abgelenkt,
im Falle der -1. und 1. Beugungsordnung aber nur sehr wenig, da die Anzahl 13 Linien/mm nur sehr klein
ist. Auch erscheinen die -1. und 1. Beugungsordnung noch in weißer Farbe, da hier die einzelnen,
spektralen Bestandteile noch stark überlappen und daher für das Auge weiß aussehen. Dieser Sachverhalt
ist in der unteren, rechten Abbildung nochmals genauer dargestellt. Dort ist die exakte Intensität
als Funktion des Sinus des Beugungswinkels bei senkrechtem Einfall des Lichtes auf das Gitter für drei
verschiedene wellenlängen berechnet worden (Für diejenigen die es interessiert: die Intensitätsverteilung
ergibt sich aus der Überlagerung der Beugung an einem Gitter und der an einem Einzelspalt [1]. Dies
ist aber im Weiteren nicht von Bedeutung).
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Beugung des Lichts einer Energiesparlampe an einem Ronchi-Gitter mit 13 Linien/mm.
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Theoretische, spektrale Intensitätsverteilung, als Funktion des Beugungswinkels, nach [1].
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Die Tatsache, dass am Ronchi-Gitter Beugung auftritt, ist aber für den Test primär nicht wichtig, da er
nicht die Beugung ausnutzt, wie vielleicht öfters geglaubt wird! Die Beugung am Gitter führt aber sehr
wohl dazu, dass sich beim Ronchi-Test mehrere Bilder (in der Regel die der 0., -1. und 1. Beugungsornung)
überlagern und die Interpretation erschweren bzw. die Genauigkeit des Tests reduzieren. Doch dazu
weiter unten mehr.
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Wie funktioniert der Ronchi-Test?
Wir hatten gesehen, dass die Beugung am Gitter für den Ronchi-Test nicht relevant ist, vielmehr
wirken die vielen Metallstreifen auf dem Gitter wie Blenden, welche von der Primäroptik kommende
Strahlen, je nach deren Winkel unter dem sie auf das Gitter auftreffen, ausblenden oder durchlassen.
Da die Bildentstehung der Primäroptik durch das Ronchi-Gitter erfolgt sieht der Beobachter im Prinzip
eine Projektion des Ronchi-Gitters auf die Primäroptik. Ist diese perfekt, d.h. werden alle Strahlen
exakt in einem Brennpunkt vereinigt, wird ein Muster mit exakt parallelen Linien sichtbar. Werden
z.B. die Randstrahlen in einem weiterentfernten Brennpunkt gebündelt (Unterkorrektur), erscheinen die
entsprechenden Kanten der Streifen unter einem kleineren Winkel und werden somit nach innen gekrümmt
(s. Abb. links, nach [2]). Der Effekt ist am stärksten exakt senkrecht zu den Gitterlinien ausgeprägt, parallel
dazu tritt keine Veränderung auf. Um die gesamte Primäroptik zu bewerten, muss also das Ronchi-Gitter
relativ dazu gedreht werden. Der Ronchi-Test erlaubt also das Erkennen geometrischer Abweichungen von
der Idealform der Primäroptik, dadurch, dass diese zu zonalen Fokusverschiebungen führen, welche
wiederum in zonalen Linienverschiebungen der Ronchi-Streifen resultieren. Eine gute
Interpretation
der beobachtbaren Abweichugen von der geraden Linienform in Ronchigrammen findet sich auf den Seiten
vom Teleskop Service. Alles hier gesagte gilt nur, wenn eine ebene Wellenfront auf die Primäroptik
trifft, also beim Test am quasi unendlich weit entfernten Stern oder künstlichen Stern!
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Wie genau ist der Test?
Um eine exakte Aussage über die Genauigkeit des Ronchi-Tests zu bekommen müsste eine vollständig
beugungstheoretische Behandlung des Problems erfolgen, welche aber sehr komplex wäre. Daher wird
im Folgenden auf eine strahlenoptische Nährung zurückgegriffen (s. Abb. rechts,
nach [2]). Demnach würde ein Beugungsscheibchen mit Radius d einem Abstand a vom idealen Fokuspunkt
entsprechen. Der Radius des Beugungsscheibchens ist bekanntermaßen gegeben durch
d=1,22*l*F, mit l als Wellenlänge und F=f/D
als Öffnungszahl. Ein Strahl aus der 50%-Zone (Abstand D/4 von der optischen Achse), als gestrichelte
Linie dargestellt, schneidet die optische Achse im Abstand 2a vom idealen Fokuspunkt und trifft gerade
noch den Rand des Beugungsscheibchens. Definiert man nun, dass der Schnittpunkt eines Strahls aus der
50%-Zone, welcher um mehr als 3a vom Fokuspunkt abweicht, zu nennenswerten Störungen der Abbildung
führt, da er am Beugungsscheibchen vorbeiläuft (enspricht einem Fehler von etwa l/4 Oberfläche), so ergibt sich als relative Störung des Ronchi-Gitters
S=3a/D. Durch relativ einfache geometrische Überlegungen lässt sich a durch
l und F ausdrücken sowie D durch n, N und F.
Somit gilt:
S=7,5*l*F*N/n..........(Formel 1)
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Dies bedeutet z.B. bei einem Öffnungsstandard von F=5 (die meisten Dobsons), einem Gitter mit N=10 Linien/mm und einer
Ausleuchtung von 2n=6 Linien des Gitters und einer Wellenlänge von 550 nm, eine Störung von S=0,014, also nur 1,4%! Dies
ist nicht besonders viel, somit kaum zu detektieren und reicht damit nicht aus, um selbst ein wirklich
schlechtes Teleskop zu identifizieren.
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Das Problem beim Erkennen der Linienstörung (=Abweichung von der geraden Form) ist insbesondere auch
dadurch bedingt, dass sich in der Regel (bei gängigen Ronchi-Gittern) drei Beugungsordnungen überlagern
(s. Abb. links, wo zur besseren Erkennbarkeit die drei Beugungsordnungen in einem Ronchigramm eines
8"-Newtons eingezeichnet wurden). Durch diese Überlagerung werden die Ränder der Linien verschmiert
und somit die Erkennbarkeit von Abweichungen von der Idealform erschwert.
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Unter der Annahme, dass eine Abweichung von 5% von der idealen, geraden Form der Linien noch gut erkennbar
ist, muss bei gegebenen Parametern N, F und l, die Zahl der beleuchteten
Linien 2n so gewählt werden, dass die Störung der Linien bei Unterschreitung des Beugungskriteriums für eine gute Abbildung
mindestens 5% beträgt. Dies bedeutet bei einem Gitter mit 13 Linien/mm, einem Öffnungsverhältnis von
F=5 und einer Wellenlänge von 550 nm, dass 2n=1,5, also nur etwa rund 2 Linien ausgeleuchtet werden
dürfen. Bei mehr Linien würde demnach die Genauigkeit schon wieder sinken. Da die 5% Annahme eher
pessimistisch ist, reichen in der Praxis meistens 3-5 Linien auch noch aus. Generell können mit
zunehmendem F mehr Linien ausgeleuchtet werden, da der Test für hohe F empfindlicher ist.
Offensichtlich ist die Störung der Linien wellenlängenabhängig (s. Formel 1). Dies bedeutet, dass
Optiken mit dispersiven Elementen, wie z.B. alle Refraktoren, für unterschiedliche Wellenlängen verschiedene
Abweichungen der Linien von der geraden Form zeigen können. So kann z.B. ein ausgeprägter Farblängsfehler
(verschiedene Foki für unterschiedliche Wellenlängen auf der optischen Achse) zu einer farbigen
Aufspaltung der Linien im Zentrum führen, ein ausgeprägter Gaußfehler (Sphärochromasie) dagegen zu einer
Aufspaltung am Rande (verschiedene Korrekturen für z.B. blau und rot). Mehr zu diesen Thema und viele
Beispiele dazu finden sich auf den Seiten von
Wolfgang Rohr.
Dort wird auch gezeigt, dass der Ronchi-Test auch zum Nachweis einer rauhen Oberfläche der Primäroptik
dienen kann. Diese äussert sich darin, dass die dunklen Zwischenräume zwischen den hellen Linien starke,
sprenkelige Aufhellungen zeigen, entsprechend einzelner statistisch verteilter Bereiche auf der Oberfläche
mit variierender Über- oder Unter-Korrektur.
Die Genauigkeit des Tests kann noch weiter gesteigert werden, indem in Autokollimation gemessen wird.
Dazu wird das Strahlenbündel einer Punktlichquelle im Brennpunkt der Primäroptik über einen
qualitativ hochwertigen Planspiegel zurück durch die Primäroptik geschickt. Diese Kollimiert den Strahl
auf den Planspiegel, welcher das Strahlenbündel zurück auf die Primäroptik und von dort gebündelt auf
das Ronchi-Gitter lenkt. Durch den doppelten Durchlauf durch die Primäroptik verdoppelt sich dabei
auch die Genauigkeit des Tests! Da die ensprechenden Planspiegel aber mindestens den Durchmesser der
Primäroptik haben und von sehr hoher Qualität sein müssen, ist diese Testmethode für den Amateur i.d.R.
unerschwinglich.
Wie wird der Test durchgeführt?
Für den Amateurastronomen sind mittlerweile viel Ronchiokulare am Markt erhältlich mit 10 bis 15
Linien/mm, welche in einer 1,25"-Okularhülse integriert sind. Die Bedingung einer ebenen Wellenfront
am Eingang der zu testenden Optik lässt sich am einfachsten durch einen Test am Stern erfüllen, da quasi
unendlich weit entfernt (der Polarstern eignet sich besonders gut, da er sich am Himmel nicht schnell
bewegt und somit auch Teleskope ohne Nachführung einfach getestet werden können). Das Gitter in die
Nähe des Fokus bringen, so dass nur wenige Linien sichtbar werden (s.o.) und sich klar machen, ob man
sich intra- oder extrafokal befindet (dies ist wichtig für die
Interpretation
der beobachteten Abweichungen von der geraden Linienform).
Alternativ kann der Test auch an einem künstlichen Stern (z.B. ein von hinten beleuchtetes Pinhole, welches
mit einer feinen Stecknadel in eine Alu-Folie gestochen wurde) durchgeführt werden. Der Vorteil dabei
ist, dass der Test drinnen durchgeführt werden kann und damit die Luftunruhe weitestgehend unterdrückt
wird (insbesondere für fotografische Aufnahmen von Ronchigrammen hilfreich). Dabei muss aber unbedingt
ein Mindestabstand der Optik zum künstlichen Stern eingehalten werden, damit die Näherung der ebenen
Wellenfront gilt! Für den Mindestabstand A gilt empirisch [2]:
A=0,0593*(D/F)^2.....[A]=m, [D]=mm..........(Formel 2)
Dies bedeutet z.B. für D=70mm mit F=6,9 (Tele Vue Ranger) ein Mindestabstand von etwa 6 m, für einen
Vixen ED102SS mit D=102 mm und F=6,6 sind es bereits 14 m und für einen 8"-Dobson mit D=200 mm und
F=4 schon erbauliche 148 m. Hier wird schon die Schwierigkeit der Durchführbarkeit deutlich, wer hat
schon einen Raum mit solchen Abmessungen?! Für einen visuellen Test ist somit der Stern am Himmel
ideal.
Im Folgenden sollen einige Beispiele von Ronchigrammen gezeigt werden, die aber allesamt am künstlichen
Stern aufgenommen wurden (Pinhole von hinten beleuchtet mit einer Halogenlampe, 13 m Entfernung,
Ronchigitter mit N=13 Linien/mm).
Das Ronchigramm meines Tele Vue Rangers ED´s zeigt perfekt gerade Linien, wie man es von einer sehr
guten Optik erwarten sollte. Dies bestätigt sich auch bei der Beobachtung am Himmel, eine erstklassige
Optik. Deutlich wird allerdings auch, dass ein Restfarbfehler vorhanden ist, hauptsächlich sphärochromatischer
Natur (Gaußfehler).
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Das Ronchigramm meines Vixen ED102SS zeigt eine leichte Unterkorrektur, wie sie bei fotografisch
optimierten Systemen häufig zu beobachten ist. Dies tut der Leistung am Himmel aber keinen Abbruch,
das Gerät bildet hervorragend ab. Im Vergleich zum Ranger zeigt der Vixen ED einen deutlich
geringeren Restfarbfehler, der visuell kaum mehr bemerkbar ist. ED ist offenbar nicht gleich ED.
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Das Ronchigramm meines 8-Zoll Reisedobsons mit ICS-Premiumspiegel zeigt natürlich keinerlei
Farbeffekte, dafür aber eine leichte Überkorrektur. Diese ist durch die zu geringe Entfernung des
künstlichen Sterns zurückzuführen (s. Formel 2). Am echten Stern zeigt der Spiegel absolut gerade
Linien (Foto folgt).
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Viele weitere Ronchigramme (Achtung, meistens in Autokollimation!) finden sich in den
Testberichten von Wolfgang Rohr
, dort kann man sich ein gutes Bild des Tests mit zugehöriger Interpretation der Ronchigramme
machen.
Fazit
Der Ronchi-Test zeigt dem Amateur recht einfach den Öffnungsfehler (Über- oder Unterkorrektur) sowie
abfallende Kanten oder Zonenfehler, das ganze allerdings nur qualitativ und unter falschen Testbedingungen
u.U. auch gar nicht. Er kann auch eine Aussage über den Farbfehler, insbesondere den Gaußfehler einer
Optik zulassen und mit viel Erfahrung auch über die Glätte der Oberfläche. Eine quantitative Aussage
ist aber i.d.R. nicht möglich, insbesondere auch nicht über den PV-, RMS- oder Strehl-Wert einer Optik.
Dafür müssen andere Testmethoden, wie z.B. Interferometrie, herangezogen werden, die allerdings dem
einfachen Amateur nicht mehr so einfach zugänglich sind bzw. wesentlich mehr Aufwand bei der Durchführung
und Auswertung erfordern.
Referenzen
[1] M. Born, E. Wolf, Principles of Optics 4th Edition, Pergamon Press, Oxford, 1970
[2] H.R. Suiter, Star Testing Astronomical Telescopes, Willmann-Bell Inc., Richmond Verginia, 2003
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